Fachgutachten

Neuropsychologie der Zwangsstörung


Zwangsstörungen äußern sich in Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen, die der Betroffene gegen seinen Willen in stereotyper Wiederholung denken bzw. ausführen muss, die er häufig als sinnlos erlebt, die einen hohen Zeitaufwand erfordern und die Leiden oder deutliche Beeinträchtigung verursachen (Saß & Houben, 1996). Die meisten Zwangspatienten leiden sowohl unter Zwangsgedanken als auch unter Zwangshandlungen (Foa & Kozak, 1995). Patienten mit Zwangserkrankung (Obsessive Compulsive Disorder, OCD) weisen zudem auch häufig selektive Defizite in der Verarbeitung komplexer visueller Informationen sowie im Bereich der Exekutivfunktionen auf.

 

 

 

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Störungen der Persönlichkeit nach Läsionen des Gehirns

Verschiedene Untersuchungsergebnisse zeigen die Bedeutsamkeit dysexekutiver kognitiver Symptome für soziale und emotionale Veränderungen nach Läsionen des Gehirns an. Insgesamt zeigen hiermit assoziierte u.a. neuropsychologische Forschungsergebnisse auf, dass v.a. ein Zusammenhang zwischen Arbeitsgedächtnisleistungen bzw. der Fähigkeit, verschiedene Aufgaben gleichzeitig zu bedienen und der Steuerungsfähigkeit emotionaler Reaktionen ersichtlich werden.

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Neuropsychologie

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Is emotion a magic product, or is it a physiologic process, which depends on an anatomic mechanism? -  James W. Papez
 

Die Wahrnehmung eines bedrohlichen Reizes bzw. die Interpretation eines Reizes als ‚bedrohlich‘ geht mit einer Reihe meist automatisch ablaufender Prozesse einher. Dies sind hauptsächlich physiologische Veränderungen, die den Körper auf eine eventuell bevorstehende Flucht oder Kampfreaktion vorbereiten, wie bspw. eine gesteigerte Durchblutung der Muskeln. Zu den automatisch ablaufenden Prozessen zählen aber auch selektive Aufmerksamkeitsprozesse bzgl. bedrohlicher Reize. Diese führen dazu, dass bedrohliche Informationen der Umwelt besser wahrgenommen bzw. schneller verarbeitet werden. Aus evolutionsbiologischer Sicht stellen daher diese Prozesse einen wichtigen Überlebensvorteil für den Organismus dar. Nehmen diese Prozesse allerdings überhand, verlieren sie ihren schützenden Charakter und es können sich Angststörungen entwickeln (Barlow, 2002), was mit einer herabgesetzten Lebensqualität der Betroffenen einhergeht (APA, 2013). Diese eben beschriebenen selektiven Aufmerksamkeitsprozesse bzgl. angstbesetzter Reize scheinen sowohl bei der Entstehung von Angststörungen eine wichtige Rolle zu spielen als auch bedeutende aufrechterhaltende Faktoren zu sein (z. B. Barlow, 2002).

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Neuropsychologie der Angststörungen

Understanding anxiety disorders: the psychology and the psychopathology of defence mechanisms against threats

The mental defense system plays a central role in ensuring individual and species survival from dangers. The cost of its activation is a decrease in freedom in favour of an increase in safety. Anxiety, fear and panic are the organizing principles of this system: anxietyarising in response to the anticipation of a threat, fear arising in response to external environmental threats and panic arising in response to internal somatic homeostatic threats. beyond the correct identification of the above-mentioned organizing principles, making correct therapeutic choices is linked to the ability to discriminate among physiological, pathological and pathophysiological anxiety phenomena. 

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Was wird unter Neuropsychologie verstanden?

Die Neuropsychologie ist ein wissenschaftliches und klinisches Fach, dass als Schnittstelle und Verbindungsglied zwischen der Neurologie, Neurobiologie und Psychologie die Wechselwirkungen zwischen Gehirn, Verhalten und Kognition untersucht und behandelt. 

Neuropsychologie ist hierbei ein wissenschaftlicher Fachbereich, der sich mit den neuronalen Grundlagen des Erlebens und Verhaltens beschäftigt. Hierbei erfolgt die Auseinandersetzung v.a. mit Personen, die eine Hirnschädigung) erlitten haben bzw. diese genetisch bedingt vorliegt: Über die Beobachtung des Erlebens und Verhaltens bei hirngeschädigten Personen werden im Kontext der neuropsychologischen Forschung u.a. Zusammenhänge zwischen den kognitiven und emotionalen Störungen sowie den hiermit in Zusammenhang stehenden hirnanatomischen Korrelaten gesucht bzw. beurteilt. Durch bildgebende und elektrophysiologische Messverfahren werden hierbei zudem untersucht, inwieweit hierdurch allgemeingültige Aussagen zu der neuronalen Basis einzelner psychischer Prozesse sich erkennen bzw. ableiten lassen und hierdurch bedingt Rückschlüsse bzgl. der Informationsverarbeitung des Gehirns möglich werden. 
 

Neuropsychologie

Empirische Befunde zur Neuropsychologie der Zwangsstörung insgesamt sind uneinheitlich. Einige Forscher fanden Defizite in Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Exekutivfunktionen (Vgl. die Übersichtsarbeiten von Kuelz, Hohagen & Voderholzer, 2004; Muller & Roberts, 2005), während andere dies nicht belegen konnten (Abbruzzese, Ferri & Scarone, 1995; Moritz, Fischer et al., 2008; Moritz, Ruhe, Jelinek & Naber, 2009; Moritz, Wendt, Jelinek, Ruhe & Arzola, 2008; Simpson et al., 2006). Eine mögliche Erklärung für die unklare Befundlage besteht darin, dass die Zwangsstörung eine weniger homogene Störung ist, als es die bisherigen Definitionen der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD–10; Dilling, 2008) und der vierten Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM–IV; Saß & Houben, 1996) vorsahen.

 

Neuropsychologie

Neuropsychologische Forschung zur Zwangsstörung

In den letzten 20 Jahren hat sich die Erforschung der Zwangsstörung auf Bereiche ausgedehnt, die weit über phänomenologische und therapeutische Ansätze hinausgehen. Die neurobiologische Zwangsforschung untersucht Gehirnstrukturen und -funktionen von Patienten anhand bildgebender Verfahren, und sie steht in engem Zusammenhang mit der neuropsychologischen Zwangsforschung. Letztere untersucht kognitive Leistungen und Fehlfunktionen anhand von psychologischen Modellen und Testverfahren, und sie ist Thema der vorliegenden Arbeit. Im folgenden Absatz wird erläutert, warum neuropsychologische Merkmale bei Zwangspatienten wissenschaftlich untersucht werden. Hierzu wird, ausgehend vom Konzept der Endophänotypen und über das cortico-baso-thalamische Modell der Zwangsstörung, ein neuropsychologisches Modell der Zwangsstörung abgeleitet.